Westdeutsche Familienpolitik führt in die Sackgasse

Bild zur Pressemitteilung: Kinderwagen_HerryLawford@flickr
Anlässlich der teils öffentlich gewordenen Kritik einer Studie der Bundesregierung an der deutschen Familienpolitik, erklärt Anja Siegesmund, familienpolitische Sprecherin von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Thüringer Landtag: „Die derzeitige Familienpolitik mit ihrer Fixierung auf Steuerfreibeträge, Ehegattensplitting und Kindergeld ist im Kern die westdeutsche Familienpolitik des letzten Jahrhunderts. In Ostdeutschland haben zum Glück die Kitas überlebt, sonst sähe es hier familienpolitisch ähnlich trostlos aus wie in den alten Bundesländern. Diese CDU-Familienpolitik führt in die Sackgasse, weil sie Kindern und Eltern nur unzureichend hilft. Gute Familienpolitik muss vor Armut schützen, setzt auf Bildung und soziale Mobilität und ist gerecht gegenüber den Schwächsten. Dafür stehen wir Grüne. Die aktuelle Regierungsstudie wurde von der CDU-Familienministerin Schröder schon lange versprochen, sie sagt vermutlich aber wissenschaftlich kaum Neues. Regelmäßig stellt die OECD fest, dass Deutschland nicht unbedingt zu wenig für Familien ausgibt, dass die Ausgaben aber in keinem anderen Land so stark über Steuerfreibeträge und Steuervorteile gewährt werden. Die CDU hat nach wie vor nicht verstanden, dass Familienpolitik nur zusammen mit Bildungs-, Sozial- und Arbeitsmarktpolitik gedacht werden kann. Solange Kinder in Deutschland ein Armutsrisiko sind, bleibt das Gerede von der angeblichen Wahlfreiheit der CDU blanker Hohn. Ein entweder oder zwischen Familie und Arbeit gibt es nur in den Köpfen der CDU, nicht aber in der Alltagswirklichkeit der Familien in Deutschland." Hintergrund: Die OECD veröffentlicht regelmäßig Analysen der Familienpolitik in den Mitgliedsstaaten. Bereits 2007 stellte die Organisation in "Babies and Bosses – Policies towards reconciling work and family life" fest, das in Deutschland ein eklatantes Missverhältnis zwischen den Ausgabearten in der Familienpolitik existiert: "Spending on cash benefits for families with children is relatively high in Germany. In 2003, Germany spent 3% of GDP on family benefits compared to an OECD average of 2.4%. There are large tax breaks available for families with children as well as generous child and parental leave allowances. Until the reform introduced 1 January 2007, paid parental leave was frequently available until the third birthday of the youngest child. In contrast, spending on services is comparatively low and is mostly allocated to spending on pre-school (kindergartens) for children aged 3 – 6. Few children aged under three are in formal childcare in Germany (9%), well below the OECD average of 23%. By contrast, 80% of children aged 3 to 5 (compared to the 73% OECD average) are enrolled in Kindergarten but usually on a part-time basis, as out-of-school-hours care services are not often available. In addition to these childcare issues financial incentives to work are weak for sole parents and potential second earners in couple families. Sole parents considering a job earning two-thirds of the average wage face an effective tax rate almost 80% -- in other words, the taxes they would pay and the benefits they would lose add up to four-fifths of what they would earn." (Quelle: http://www.oecd.org/els/familiesandchildren/39696251.pdf)
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