Zweites Gesetz zur Änderung des Thüringer Feiertagsgesetzes

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DIE LINKE., BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD haben sich im Koalitionsvertrag unmissverständlich dazu bekannt, dass "die Aufarbeitung der SED-Diktatur in all ihren Facetten weder überflüssig noch rückwärtsgewandt" ist. Vereinbart wurden auf lange Sicht angelegte Projekte der politischen Bildung, mit denen die Vergangenheit der DDR vielfältig und beispielhaft für die gesamte Bundesrepublik aufgearbeitet wird. In die Reihe von Projekten zur Aufarbeitung und Bildung gehören die Erinnerung und das Gedenken an die Opfer des SED-Unrechtes. Die gesetzliche Verankerung eines Gedenktages für die Opfer des SED-Unrechtes ist eine geeignete Form, das Gedenken und die Erinnerung auch in der gesellschaftlichen Debatte zu verankern. Der 17. Juni steht auch vor dem Hintergrund seiner differenzierten Geschichte beispielhaft für das Aufbegehren von Menschen gegen Unrecht in der durch den von der SED geführten Staat DDR.

Der 17. Juni 1953 stellt eine Zäsur in der Geschichte der SED-Diktatur, in der Geschichte der DDR dar. Was mit Streiks und Erhebungen von Arbeitern gegen Normerhöhungen in Berlin begann, griff schnell auf andere Regionen in der ehemaligen DDR über. Ein Schwerpunkt lag dabei auf den Industriezentren und großen Städten, ging aber auch, regional sehr unterschiedlich, darüber hinaus. Vielerorts wurden auch Forderungen erhoben, die über die Rücknahme der Normerhöhungen und die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen hinausgingen, und die Herrschaft der SED damit in Frage stellten. Hunderttausende beteiligten sich an Aktionen, Streiks oder Demonstrationen. Die SED-Staatsmacht konnte den Aufstand nur mit Hilfe sowjetischer Truppen blutig niederschlagen. Tausende wurden verhaftet, mindestens 55 Menschen kamen bei den Auseinandersetzungen oder als Folge von Verurteilungen ums Leben.

Mitbedingt durch den Ost-West-Konflikt fielen in den beiden Teilen Deutschlands die Interpretationen des Geschehens unterschiedlich aus. Im Geschichtsbild der SED und der Blockparteien wurde der Juniaufstand als von außen gesteuerter "faschistischer Putschversuch" diffamiert und später in der Öffentlichkeit tabuisiert. Trotz des offiziellen Verschweigens in der DDR lebte der Aufstand im kollektiven Gedächtnis der Bevölkerung weiter. In der Bundesrepublik bestimmte der Bundestag am 3. Juli 1953 den 17. Juni als "Tag der Deutschen Einheit" zum gesetzlichen Feiertag. 1963 erhob der Bundespräsident den 17. Juni zum "nationalen Gedenktag". Das Gedenken erstarrte im Lauf der Jahre allerdings immer mehr zum Ritual. Die Vorstöße aus unterschiedlichen politischen Lagern, den Feiertag abzuschaffen, scheiterten auch daran, dass dieser "Bundesausflugstag" mittlerweile als sozialer Besitzstand angesehen wurde. Mit der deutschen Einheit löste der 3. Oktober den 17. Juni als Nationalfeiertag ab, die Proklamation zum Gedenktag blieb weiterhin gültig.

Mit der nunmehr vorliegenden Gesetzesänderung wird der 17. Juni bewusst als Gedenktag für die Opfer des SED-Unrechts verankert. Mit der Erinnerung an eine Erhebung gegen Willkür und Diktatur soll der Einsatz für zivilgesellschaftliches Engagement gewürdigt und besonders der Toten gedacht werden. Mit dem Gedenktag soll der 17. Juni als ein Erinnerungsanstoß belebt werden, der der Gesellschaft einen Bezugspunkt anbietet, sich der demokratischen Traditionen der deutschen Geschichte zu vergegenwärtigen und dem Ereignis einen angemessenen Platz in der europäischen Erinnerungskultur zuzuweisen.