
Bildungsminister Matschie (SPD) hat heute im Thüringer Landtag mit einer Regierungserklärung die Hochschulstrategie 2020 der Landesregierung vorgestellt. Dazu erklärt Astrid Rothe-Beinlich, hochschulpolitische Sprecherin der Thüringer Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:
„Wir haben sehr lange auf eine Hochschulentwicklungsplanung des Landes warten müssen. Von daher ist es sicher positiv zu beurteilen, dass nun überhaupt einmal strategische Vorstellungen dieser Landesregierung in einem Papier vorliegen. Dass dieses Papier allerdings jetzt drei Monate vor Ende dieser Legislatur vorgelegt wird und dem Parlament lediglich übrig bleibt, dieses zur Kenntnis zu nehmen, ist einmal mehr ein Armutszeugnis im Umgang mit dem Parlament und den Abgeordneten. Auch inhaltlich sehen wir die Hochschulstrategie überaus kritisch. So verwundert es schon, wenn Matschie in der Strategie zwar ankündigt, die Zahl der Hochschullehrerinnen- und lehrer Schritt für Schritt zu erhöhen. Gleichzeitig müssen mehr als 300 Stellen an den Hochschulen gestrichen werden. Hier passen Anspruch und Wirklichkeit einfach nicht zusammen!“
Die grüne Hochschulpolitikerin verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass die Grundfinanzierung der Hochschulen mitnichten auskömmlich ist und dringend verbessert werden müsse. Daher sei die Ankündigung in der Hochschulstrategie, die wissenschaftsspezifischen Kostensteigerungen zu übernehmen und ein Prozent an Mitteln zusätzlich zur Verfügung zu stellen, positiv zu bewerten. „Allerdings bleibt weiter abzuwarten, wie diese Ankündigung in der Realität umgesetzt wird und wie viel zusätzliche Mittel tatsächlich an den Hochschulen ankommen. Solange die neue Rahmenvereinbarung nicht abgeschlossen ist und eine Notfallklausel nicht ausgeschlossen wird, bleiben wir weiterhin skeptisch“, so Rothe-Beinlich, die sich eine ernsthafte Debatte auf Augenhöhe und eine entsprechende Beratung und Beschlussfassung im Parlament gewünscht hätte.
„Uns fehlen in der Hochschulstrategie vor allem verbindliche Aussagen und Maßnahmen zur Verbesserung der Beschäftigungssituation und der Mitbestimmung an den Hochschulen. Die bloße Beschränkung auf die Förderung von Synergien, Kooperationen und die Profilentwicklung halten wir für zu kurz gegriffen. Auch beim Thema Gleichstellung sehen wir deutliche Nachholbedarfe. So fehlen bisher verbindliche Instrumente zur Frauenförderung wie das Kaskadenmodell. Auch die Gleichstellungsbeauftragten an den Hochschulen brauchen mehr Kompetenzen als bisher – all das kommt in der Strategie nicht vor. Bei den Hochschulbibliotheken leuchtet uns die vorgelegte Formulierung nicht ein. Hier werden eher gegeneinander laufende Strukturen aufgebaut, anstatt ein funktionierendes Netzwerk von Hochschulbibliotheken mit einer starken Landes- und Universitätsbibliothek im Zentrum zu schaffen, wie es in Sachsen praktiziert wird. Für wenig sinnvoll halten wir zudem die angekündigten Einschränkungen der Fächerkombination in der Lehrerbildung. Im Bereich der Forschung erkennen wir vergleichsweise wenig innovative Ansätze. Insgesamt hätten wir uns insbesondere eine stärkere Fokussierung auf Nachhaltigkeit in der Wissenschaft gewünscht“, fasst Rothe-Beinlich zusammen.
Die Grünen-Politikerin unterstützt zudem die Idee einer Enquetekommission Hochschule zu Beginn der nächsten Legislatur, um bis 2016 zu einem inklusiven, nachhaltigen und demokratischen novellierten Hochschulgesetz zu kommen.