Dirk Adams: Ölpreisrisiken nicht ignorieren
Der Thüringer Landtag erlebte am späten Nachmittag des 05. Februar eine lebhafte Diskussion zur Verletzlichkeit Thüringens gegenüber möglichen Ölkrisen. Etwa 40 Teilnehmerinnen waren der Einladung des Arbeitskreises Klima und Energie der bündnisgrünen Landtagsfraktion gefolgt.
Dirk Adams machte in seinen Eingangsworten deutlich, dass Peak Oil einen möglichen Strukturbruch in der Phase der Industrialisierung kennzeichnet der in den kommenden Jahren auch in Thüringen spürbare Auswirkungen mit sich bringen wird. Seiner Ansicht nach sollten unsere heutigen wirtschaftlichen Strukturen so umgestaltet werden, dass sie schnellst möglichst mit immer weniger Öl auskommen. Die von Bündnis 90/Die Grünen in Auftrag gegebene Studie sei eine wichtige Analyse der gegenwärtige Abhängigkeit Thüringens vom Öl und gebe wichtige Hinweise darauf, wie der Wechsel gemeistert werden könne.
Norbert Rost vom Büro für postfossile Regionalentwicklung erläuterte wichtige Details der Studie. So macht der Anteil von Mineralölen gut ein Drittel Endenergieverbrauchs (33,5%) im Freistaat aus und hat damit den höchsten Anteil der einzelnen Energieträger gefolgt von Gas, Strom und erneuerbaren Energien. Der jährliche Pro-Kopfverbrauch in Thüringen lag 2011 bei 804 Kilogramm, während davon 90% in den Bereichen Verkehr und beim Heizen eingesetzt werden.
Seine Analysen machen eines deutlich: „Kaum jemand kann auf den Einsatz von Mineralöl verzichten, selbst wenn dessen Preis steigt“. Wichtiges Beispiel sind hier die Arbeitswege, die die Thüringer_innen zurücklegen. Immerhin 63 Prozent von ihnen verlassen ihre Wohnsitzgemeinde, um zur Arbeit zu kommen. Bei den Thüringer Unternehmen sind es 59% der Beschäftigten, die täglich zum Arbeitsort pendeln müssen. Eine fatale Situation, da dieser hohe Pendler_innenanteil auch sehr stark von steigenden Öl- und Benzinpreissteigerungen betroffen ist.
Allerdings trifft dieser Zusammenhang auf wenig Bewusstsein. Eine Befragung der 100 größten Thüringer Unternehmen mit dem Titel „Wie gut sind Unternehmen in Thüringen auf steigende Ölpreise vorbereitet“ stieß auf keine Reaktion. Auch in den Strategiepapieren der Landesregierung gibt es so gut wie kein Verständnis für die Problematik. Dagegen werde die Exportorientierung massiv mit dreistelligen Millionensummen finanziell unterstützt, was in krassem Widerspruch zu einer stärkeren Ausrichtung auf regionale Wirtschaftskreisläufe stehe, stellt der Forscher fest.
Aus seiner Sicht sollten vom Öl unabhängige Strukturen aufgebaut werden, die Mobilität und Versorgung auch in Zeiten einer akut wirksamen Ölkrise gewährleisten. Dazu sollten mit Pilotprojekten wichtige Erfahrungen gewonnen werden. Ein erster Schritt wäre hier die Landwirtschaft, die sich mit Rohstoffen vom Acker als Erste weitgehend unabhängig machen könnte.
Christian Prechtl, Klimaschutzkoordinator der Stadt Erfurt, schilderte wie sich seiner Ansicht nach ein Wandel im urbanen Raum andeutet. Er nimmt einen Paradigmenwechsel von der „Generation Golf“ zur „Generation Semesterticket“ wahr. Auch Verteilung des Transportaufkommens auf verschiedene Verkehrsmittel (Modal Split) sei aufgrund der elektrisch betriebenen Straßenbahn in Erfurt recht gut. Gleichzeitig hat Erfurt einen hohen Anteil von Firmen im Logistikbereich. Ein erster bemerkenswerter Schritt sei aber, dass die Firma Zalando täglich einen Firmenbus für Mitarbeiter_innen aus Mühlhausen und Apolda einsetze.
Nikolaus Huhn von „Energie gewinnt“ aus Jena betont die Bedeutung des Energiesparens. Seiner Ansicht nach können wir auch mit weniger Energie gut leben, ohne die Komfortzone zu verlassen. Die alleinige Ausrichtung auf die Elektromobilität sieht er allerdings skeptisch.
Von der IHK Südthüringen schilderte Dr. Janet Nußbicker-Lux, dass die Kosten für die Mobilität noch nicht bei den Unternehmen angekommen wären. Die Energiekosten der Firmen selbst hätte dagegen schon einen sehr hohen Stellenwert.
In der sich anschließenden Diskussion wurde u.a. kritisch angemerkt, dass es in Thüringen bisher an einem bedürfnisgerechten ÖPNV fehle. Weiterhin benötige man künftig einen Vorrang von Carsharing und Elektromobilität in den Bebauungsplänen der Kommunen. Generell ist die Studie für Dirk Adams ein wichtiger Aufhänger für eine Diskussion über den Landesentwicklungsplan und eine neue Schwerpunktsetzung in der Wirtschaftspolitik. Seiner Ansicht nach liegen die größten Potentiale für einen gelingenden Anpassungsprozess auf kommunaler Ebene. „Mit unserem Klimaschutzgesetz haben wir da bereits die richtige grüne Antwort“, stellte Adams abschließend fest.
Die Studie "Peak Oil - Herausforderungen für Thüringen" ist hier abrufbar.