
Zur aktuellen Debatte rund um Gedenken und Aufarbeitung 21 Jahre nach der friedlichen Revolution in der ehemaligen DDR erklärt Astrid Rothe-Beinlich, bildungs- und kulturpolitische Sprecherin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Thüringer Landtag:
„Demokratie muss erfahrbar sein und lebt vom Wissen um die eigenen Wurzeln. Und um diese lebendig zu halten, braucht es auch und gerade angesichts von (N)Ostalgie und Verklärung authentische Bildungs- und Gedenkorte, an denen BürgerInnengagement und Zivilcourage exemplarisch nachvollziehbar sind. Derartige Orte gibt es in Thüringen bereits, Orte, die Erinnerungen wach halten und die es nunmehr gilt, mit Leben zu füllen und mit Grenzmuseen, Gedenkstätten und Aufarbeitungsinitiativen zu vernetzen. Die ehemalige U-Haft-Anstalt des Ministeriums für Staatssicherheit in der Erfurter Andreasstraße ist ein solcher Ort. Dort treffen Leid, Unterdrückung und das Ausbrechen aus der Ohnmacht an einem Ort aufeinander. Die Besetzung der Erfurter Stasizentrale am 4. Dezember `89 war Ausdruck von gelebter Courage vieler Bürgerinnen und Bürger, die die Akten vor der Vernichtung retten wollten, um Erinnerung für die Zukunft und zugleich den Aufarbeitungsprozess zu ermöglichen.“
Die Gesellschaft für Zeitgeschichte hat sich mit einem Schreiben an alle Landtagsfraktionen gewandt, um mit diesen ins Gespräch zu kommen. „Den Ansatz, in der Andreasstraße einen lebendigen Bildungsort für BürgerInnenengagement, Zivilcourage und Demokratie zu schaffen, unterstützen wir ausdrücklich und bieten daher unsere Mitarbeit an“, so Astrid Rothe-Beinlich weiter, die selbst etliche Wochen in der sogenannten Bürgerwache der besetzten Stasizentrale 1989/90 zubrachte. Hehre Worte und Bekenntnisse zur notwendigen Aufarbeitung und für die Schaffung von Erinnerungsorten helfen jedoch allein nicht weiter. „Konkret geht es um politische Bildung. Und diese braucht Professionalität - auch und gerade, wenn es um Aufarbeitung geht - und kostet dementsprechend auch Geld“, gibt die Grünepolitikerin zu bedenken.
„Wenn aus dem durch die Landesregierung vorgelegten Haushalt jedoch hervorgeht, dass die geplante Zustiftung zur Stiftung Gedenken-Erinnern-Lernen in Höhe von 4,5 Millionen Euro dieses Jahr und nächstes Jahr aus Einspargründen nicht stattfinden wird, die Gelder für die Landeszentrale für politische Bildung und auch die Mittel für die freien Träger der Erwachsenenbildung drastisch reduziert werden, müssen sich SPD und CDU schon fragen lassen, wie ernst es ihnen mit ihren Forderungen ist. Uns jedenfalls reicht es nicht, Schilder an markanten Orten anzubringen. Gedenk- und Erinnerungsorte müssen Bildungsorte sein und diese brauchen lebendiges und dauerhaftes Engagement“, schließt Astrid Rothe-Beinlich.