Gedenken an die Bücherverbrennung

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Auch in Erfurt brannten 1933 Bücher: Astrid Rothe-Beinlich las und diskutierte im Erfurter Heinrich-Mann-Gymnasium anläßlich des 80. Jahrestages der Bücherverbrennung.

In Erfurt brannten vor der Cyriaksburg (auf dem heutigen Ega-Gelände) am 29. Juni 1933 die Scheiterhaufen, wie erst jüngst durch Forschungen bekannt wurde. Es brannten Werke, die auf schwarzen Listen mit "zersetzendem Schrifttum" gelistet waren. Der Thüringer Literaturrat hatte mit der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen in einer großen Aktion in vielen Orten Thüringens an die Bücherverbrennungen vor 80 Jahren erinnert.

Astrid Rothe-Beinlich war vom Literaturrat gebeten worden, in einer Schule im Rahmen dieser Aktion für Lesung und Diskussion zur Verfügung zu stehen. Zufällig ergab sich das Erfurter Heinrich-Mann-Gymnasium, jene Schule, in der sie selbst 1992 ihr Abitur gemacht hatte. Ein Grund mehr für sie, schnell zuzusagen, ein Grund mehr auch den ca. 60 Schülerinnen und Schüler, die im Rahmen einer Doppelstunde Deutsch ihr Publikum waren, aus ihren eigenen Erfahrungen an dieser Schule zu berichten.

Mit Kurt Tucholskys "An das Publikum" war ein erstes von den Nationalsozialisten verbranntes Werk schnell gelesen, der erste Draht zum Publikum geknüpft. Ein Werk von Kaspar Hauser (aka Tucholsky) passend: "Hitler und Goethe - Ein Schulaufsatz" (1931) bildete den Einstieg in eine Diskussion mit den Schülerinnen und Schüler, auch den Lehrerinnen, von 1933 über Demokratie in der Schule bis zum NPD-Verbot. Was kann jedeR einzelne tun, um neonazistischem Gedankengut entgegen zu treten?

Viel eher könnte man anfangen und schon dem meistbenutzten Schimpfwort auf deutschen Schulhöfen entgegen zu treten: "Schwule Sau". Das würden auch schon Fünftklässler benutzen, bestätigten die Lehrerinnen, aber auf die Frage, was das denn sei, gebe es nur Schulterzucken. Astrid Rothe-Beinlich wies auf die Apolitisierung vieler Schulen nach der "Wende" auf dem Gebiet der ehemaligen DDR hin. Parteipolitik solle tatsächlich aus den Schulen herausgehalten werden, aber Politik und politische Bildung für Demokratie und Toleranz gehöre selbstverständlich in jede Schule.

Als Pfarrerstochter habe sie in dieser Schule unter ganz anderen Vorzeichen mehr kämpfen müssen als andere, auch ein Grund, weshalb sie sich in der Wendezeit politisch engagiert habe. Nach dem erschütternden Text von Walter Poller "Mein Totentanz" über seine Erfahrungen im Steinbruch in Buchenwald blieb aber fast jedem das Wort im Halse stecken. Nach gut 90 Minuten wurden die Schülerinnen und Schüler in die verdiente Pause und zu einer nachfolgenden Klausur entlassen.

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