Natürlich durchzuckte es wieder einige Gesichter, als nach dem Einstiegsfilm die provokante Aussage "Auch Frauen sind Nazis" fiel.
Astrid Rothe-Beinlich sprach und diskutierte in Ilmenau in der grünen Geschäftsstelle in der Goethepassage am 7. Mai, ab 18.30 Uhr mit rund 25 Frauen und Männern, die große Mehrheit keine grünen Mitglieder. Das diese Veranstaltung kurz nach Eröffnung des Verfahrens gegen die mutmaßliche NSU-Terroristin Beate Zschäpe stattfand, zeigt nur die Brisanz eines lange unterschätzten Themas: Frauen werden als Täterinnen und Nazis nach wie vor unterschätzt, erklärte Rothe-Beinlich, die sich selbst seit über 20 Jahren aktiv gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit engagiert, wenn beispielhaft Zuschreibungen für Beate Zschäpe wie "braune Witwe" oder "Nazigeliebte" zitiert werden. Dabei ist schon lange bekannt: Frauen sind auf unterschiedlichsten Ebenen in der Naziszene aktiv. Zwar beteiligen sie sich seltener an Gewalttaten als rechtsextreme Männer, in ihren Einstellungen sind sie oft jedoch rassistischer als ihre männlichen Kameraden. Etwa ein Viertel der NPD-Mitglieder sollen Frauen sein. Es gibt Frauenkameradschaften, Frauenvereinigungen, wie den Ring Nationaler Frauen, oder die Gemeinschaft Deutscher Frauen. Gerade junge Mädchen steigen mitunter in die Szene ein, weil sie sich auch aktionistisch betätigen wollen oder die Gemeinschaft suchen.
Frauen mieten Räume für Nazitreffs und Konzerte, fungieren als Strohfrauen für Immobilienkäufe, stehen am Infostand, betätigen sich als Ordnerinnen auf Demos, kandidieren für Mandate oder als Elternsprecherinnen in Schulen, betreuen Nazis im Justizvollzug, um sie bei der Stange zu halten, gehören aber auch zur "schlagenden Front". Sehr schnell wird ihnen allerdings auch deutlich gemacht, dass ihre Hauptaufgabe darin besteht, die "deutsche Art" zu stärken und nationale Familien zu gründen, in denen die Kinder im nationalen Geiste zu Nazis erzogen werden. Gezielt studieren rechtsextreme Frauen auf Lehramt oder gehen in die ErzieherInnenberufe, um Kinder für ihre Ideologie zu gewinnen. In der anschließenden Diskussion ging es u.a. um spezifische AussteigerInnenprogramme oder um notwendige Weiterbildung von Pädagoginnen und Pädagogen.
Astrid Rothe-Beinlich berichtete anhand aktueller Beispiele u.a. von der "Wortergreifungsstrategie" oder der Unterwanderung von Vereinen im Sport- oder Sozialbereich durch die rechte Szene. Rechtsextreme nutzen gezielt auch offene Räume in der Gesellschaft und geben sich sozial, um ihre Ideologie an Frau oder Mann zu bringen. Hier ist es die Aufgabe der ganzen Gesellschaft, wachsam zu sein, um rechtsextremer Vereinnahmung entgegenzutreten. Unsere demokratische Gesellschaft muß auch eine solidarische bleiben.