
Vor dem Verwaltungsgericht in Gera fand am heutigen 29. August 2013, um 11 Uhr, der Prozess in der Klage gegen die Wohnsitzauflage von Bamkali Konateh, genannt Banga, statt. Banga wurde Mitte 2011 eine Wohnsitzauflage für das Land Thüringen erteilt. Gegen diese Auflage wendet er sich nun mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht. Verbunden mit der Klage ist auch die Frage nach der Zuständigkeit für unterstützende Leistungen der Sozialämter.
„Diese Klage ist absolut verständlich“, kommentiert Astrid Rothe-Beinlich, flüchtlings- und migrationspolitische Sprecherin der Thüringer Landtagsfraktion von Bündnis 90/DIE GRÜNEN, die heutige Verhandlung. „Der Mann ist erblindet, teilweise durch staatliche Willkür. Er bedarf ständiger medizinischer Hilfe durch Insulinspritzen und Augentropfen, er ist erwerbsunfähig. Allein diese humanitären Gründe sollten für jedes Gericht ausreichend sein, dem Mann zu gestatten, dort zu wohnen, wo er will.“
Und das ist dort, wo er Unterstützung hat und eine Blindenschule besuchen möchte: in Berlin. Diese Möglichkeiten hat er leider im Wartburgkreis nicht. Banga darf nicht abgeschoben werden und hält sich legal in Deutschland auf. „Warum darf er seinen Wohnsitz nicht wie jede oder jeder andere frei wählen“, fragt die Grünenpolitikerin.
„Weiterhin gilt zu bedenken: Banga wurde ein Opfer eines polizeilichen Übergriffs in Deutschland. Dies ist ein Grund mehr, die diskriminierende Wohnsitzauflage fallenzulassen“, so Rothe-Beinlich weiter. „Mir drängt sich eher der Eindruck auf, dass Banga auch als lästiger, weil aufgrund der Behandlungen teurer, Fall zum Spielball der Behörden geworden ist.“
„Nach dem Ende der Residenzpflicht in Thüringen fordern wir die Landesregierung erneut auf, eine Amnestie zu beschließen, damit keine weitere Verfolgung der Verstöße gegen diese unsinnige Auflage mehr erfolgt“, so die Grünenpolitikerin. „Wohnsitzauflagen, wie sie auch Banga erhalten hat, schränken in ähnlichem Maße die Freiheit der Menschen ein und sollten daher ebenso abgeschafft werden“, meint Rothe-Beinlich abschließend.
Zum Hintergrund:
Bamkali Konateh stammt aus Sierra Leone. Er ist aus dem bürgerkriegsgeschüttelten Land geflüchtet und lebt seit 2001 in Deutschland. Hier wurde er dem Wartburgkreis als Asylbewerber zugewiesen und bewohnte die Gemeinschaftsunterkunft Gerstungen. Seit April 2011 gilt mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge ein Abschiebeverbot für ihn, wie für alle Flüchtlinge aus Sierra Leone.
Bei einem Pfeffersprayeinsatz der Kriminalpolizei in Düsseldorf wurde 2004 sein linkes Auge massiv verätzt, etwa drei Monate später wurde das durch mangelhafte Behandlung weiter gefährdete Auge in der JVA Wuppertal ganz entfernt. Anfang 2009 brach bei Banga eine Diabeteserkrankung aus mit der Folge der Einschränkung der Sehkraft am rechten Auge. Auch mehrmalige Operationen konnten die vollständige Erblindung bisher nicht abwenden. In der Unterkunft in Gerstungen war er als Blinder noch mehr gehandicapt. Die einzigen Duschen befanden sich im Keller, immer wieder stürzte und verletzte er sich.
Mitte 2011 zog er nach Kündigung des Wohnraums im Asylbewerberheim Gerstungen durch Mitarbeiter des Sozialamts mit Androhung einer polizeilichen Räumung nach Berlin um. Dort fand er Dank Freunden Unterstützung und Hilfe. So gelang im November 2011 eine Augenoperation mit Hornhauttransplantation an der Augenklinik der Charité in Berlin. Seine Sehkraft auf dem verbliebenen rechten Auge verbesserte sich zunächst. Seit Mai dieses Jahres droht durch Abstoßungsreaktionen und Entzündungen jedoch leider die erneute vollständige Erblindung mit wenigen Chancen auf Besserung.
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