Alarmieren muss die Situation der Betroffenen, nicht deren Anzahl

(c) Bündnis 90 / Die Grünen
Bundesweit häufen sich derzeit die Proteste von Asylbewerberinnen und -bewerbern. Hintergründe sind deren oftmals desaströse Unterbringung, die fehlenden Teilhabechancen, ihre Isolation, der fehlende Arbeitsmarktzugang und die nicht vorhandene Aussicht auf ein Bleiberecht. „Gleichzeitig agiert Bundesinnenminister Friedrich einmal mehr mit Stimmungsmache aufgrund der gestiegenen Antragszahlen. Dabei verkennt er jedoch, dass nicht die Anzahl der Asylsuchenden, sondern deren Situation vor den Toren Europas den eigentlichen Skandal darstellt. Tagtäglich sterben unzählige Menschen beim Versuch, nach Europa zu gelangen. Fakt ist: In Punkto Asylpolitik haben die deutsche und die europäische Politik gleichermaßen versagt“, so Astrid Rothe-Beinlich, flüchtlings- und integrationspolitische Sprecherin der bündnisgrünen Landtagsfraktion im Thüringer Landtag. Allein aus Syrien sind bereits mehr als zwei Millionen Menschen vor dem Bürgerkrieg geflohen. Nur 5.000 von ihnen sollen in Deutschland Aufnahme finden. Allerdings sind noch nicht einmal diese 5.000 bis heute in Deutschland angekommen, während Hunderttausende in menschenunwürdigen Lagern im Libanon oder der Türkei weiter um ihr Leben fürchten. „Schon das das ist ein Armutszeugnis“, so die Grünenpolitikerin. Derzeit sind weltweit mehr als 45 Millionen Menschen auf der Flucht. Besonders zu denken geben muss, dass fast die Hälfte aller Flüchtlinge Kinder oder Jugendliche sind. „Auch in Thüringen ist der Umgang mit Flüchtlingen und Asylsuchenden vielerorts eher an Abschreckung als an Willkommenskultur orientiert“, kritisiert Rothe-Beinlich und konstatiert: „So mangelt es insbesondere bei der sogenannten Gemeinschaftsunterbringung an Privatsphäre und der Möglichkeit eines selbstbestimmten Lebens. Oftmals sind die hygienischen und räumlichen Bedingungen katastrophal, so auch in der Erstaufnahmeeinrichtung in Eisenberg. Die medizinische Versorgung der Betroffenen schreit förmlich zum Himmel – wir plädieren hier für eine umfassende Versorgung und eine freie Arztwahl, statt Bevormundung. Alle sollen zudem Zugang zu Integrationsangeboten und zum Arbeitsmarkt erlangen, um teilhaben, sich fortbilden und die Existenz sichern zu können.“ Auf Bundesebene machen sich BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zudem für die Abschaffung des diskriminierenden Asylbewerberleistungsgesetzes und die Einführung eines stichtagsunabhängigen Bleiberechtes stark. „Allerdings hat uns die Neuformulierung der EU-Flüchtlingspolitik zutiefst enttäuscht. Gerade die südeuropäischen Länder, wie Spanien, Malta, Italien oder Griechenland, werden aufgrund der Dublin-II-Verordnung mit den ankommenden Flüchtlingen allein gelassen. Diese müssen dort oftmals als Obdachlose oder in Slums erneut ums Überleben kämpfen. Eine derart unsolidarische Abschottungspolitik ist eigentlich der Wertegemeinschaft Europas nicht würdig“, schließt Astrid Rothe-Beinlich.