Deutschlandtakt statt Bolzstrecken

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Zum Durchstich des Bleßbergtunnels als Teil der ICE-Neubaustrecke durch den Thüringer Wald erklärt Jennifer Schubert, verkehrspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN:

„Was würde Friedrich List, der Ökonom, Staatsrechtler und Pionier des deutschen Eisenbahnbaus sagen, wenn er heute zum Durchschlag des längsten Thüringer Verkehrstunnels sprechen würde? Vermutlich würde die Rede nicht ganz so euphorisch ausfallen, wie die der anwesenden Verkehrsminister von Bund und Land. Denn List hat damals zusammen gedacht, was die Herren heute offensichtlich nicht mehr zusammen bekommen: betriebswirtschaftliche Effektivität, volkswirtschaftlichen Nutzen und Demokratie", so die Landtagsabgeordnete.

"Betriebswirtschaftlich mag sich die Strecke für die Deutsche Bahn rechnen, weil sie umfassende Garantien des Staates für die Finanzierung und den Unterhalt stellt. Doch da die Bundesrepublik 100-prozentiger Eigentümer der DB AG ist, ist auch das eine Milchmädchenrechnung“, bemerkt Schubert.

Volkswirtschaftlich sei der Nutzen der Strecke Erfurt-Nürnberg gering, da die Anzahl der Züge auf dieser Strecke planmäßig niedrig sei und Güterzüge, wenn überhaupt, nur nachts dort fahren könnten. Die Verlagerungsmöglichkeit von der Straße auf die Schiene sei damit kaum vorhanden und die Kosten für den Unterhalt der Fernstraßen würden nicht sinken. Für die Baukosten werde die Gesellschaft in Form von Zinszahlungen aber noch lange aufkommen müssen. „Für die Demokratie, den Zusammenhalt in Thüringen und mit den Nachbarländern ist die Trasse eine schwere Belastung. Ostthüringen, Sachsen und Bayern wurden bei der Planung vor den Kopf gestoßen. Es gibt genau eine Stadt in Thüringen, die davon profitieren wird - und das ist Erfurt. Da mag Bernhard Vogel damals nach Kleinstaatsraison verhandelt haben, aber nicht vernünftig", kritisiert die bündnisgrüne Abgeordnete den ehemaligen Ministerpräsidenten, der sich vehement für den Bau der Trasse über Erfurt, statt über Leipzig und Ostthüringen eingesetzt hatte.

Die Verkehrsexpertin fordert von Carius und Ramsauer statt dessen, sich auf das in der Koalitionsvereinbarung von CDU und FDP vereinbarte Projekt eines Deutschlandtakts zu besinnen.

„Die Zeit für Bolzstrecken ist vorbei. Wir brauchen kein ‚größer, schneller, weiter‘ mehr, sondern Investitionen in eine Flächenbahn und einen attraktiven Fahrplan mit guter Vertaktung von Bus und Bahn“, fordert Schubert. „Mögen auch heute die an der Durchstichfeier Teilnehmenden in Ehrfurcht vor einem weiteren Beispiel hochwertiger Ingenieursbaukunst verharren – dem Deutschlandtakt sind wir damit kein bisschen näher gekommen. Wir werden uns weiter für einen Thüringentakt einsetzen“, so Schubert abschließend.

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