Faktencheck: 3. Bevölkerungsschutzgesetz

Bundestag Gesetz

FAKTENCHECK

3. Bevölkerungsschutzgesetz

Worum geht's?

Deutschland befindet sich mitten in der Pandemie und wir wollen Leben und Gesundheit aller schützen. Dafür braucht es ein funktionierendes Gesundheitssystem. Viele Krankenhäuser in Deutschland kommen aber zunehmend an ihre Grenzen.
Fakt ist: Wir müssen die Pandemie eindämmen und darum haben Bund und Länder Maßnahmen ergriffen, die teilweise tief in die Grundrechte von uns allen eingreifen.

Die Maßnahmen stützen sich bislang rechtlich vor allem auf die relativ allgemein gehaltene Generalklausel des § 28 Infektionsschutzgesetz (IfSG) und werden dann von den Ländern in ihren jeweiligen Infektionsschutzverordnungen konkretisiert.

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben diese Praxis schon lange kritisiert und für eine stärkere Einbindung des Parlaments in der Corona-Krise gekämpft. Unsere Kernforderung lautet weiterhin: Es braucht eine vom Parlament beschlossene konkretere gesetzliche Grundlage und klare Voraussetzungen für mögliche Grundrechtseingriffe.

Auch viele Gerichte teilen unsere Auffassung, dass die Landesverordnungen zum Infektionsschutz eine ausreichende, vom Parlament beschlossene Grundlage brauchen. Diese bundesgesetzliche Grundlage wird nun mit dem 3. Bevölkerungsschutzgesetz geschaffen. Der Bundestag setzt damit einen Rahmen für das Handeln der Regierungen.

Warum ist das Gesetz wichtig?

Mit dem 3. Bevölkerungsschutzgesetz wird die Bekämpfung der Pandemie demokratisch besser legitimiert und bekommt eine solide gesetzliche Grundlage. Wir können die zweite Welle nur wirkungsvoll bekämpfen, wenn Infektionsschutzmaßnahmen einer gerichtlichen Überprüfung standhalten. Die Chancen dafür verbessert das vorliegende Gesetz erheblich.

Mit dem Gesetz gibt es jetzt Leitplanken, unter welchen Bedingungen in Grundrechte zur Sicherung der Funktionsfähigkeit unseres Gesundheitswesens eingegriffen werden darf und wie lange. Das Parlament beschreibt damit den Rahmen, innerhalb dessen Bundesregierung und Landesregierungen agieren können. Damit sind unsere Grundrechte besser geschützt. Zugleich ist mit diesem Gesetz weiterhin ein zügiges Reagieren auf das Infektionsgeschehen möglich.

Mit aller Entschiedenheit weisen wir die Propaganda zurück, es handele sich um eine Art "Ermächtigungsgesetz", das unsere Grundrechte aushebelt. Das ist geschichtsvergessen und grob falsch.
Fakt ist: Die Befugnisse der Exekutive werden eingegrenzt. Maßnahmen werden im Grundsatz auf vier Wochen befristet. Zudem sind sie an die Feststellung der nationalen Pandemielage durch das Parlament geknüpft und damit insgesamt befristet.

Dieses Gesetz ist ein erster Schritt. Damit wurde die Tür zu den parlamentarischen Beratungen über die Pandemiemaßnahmen aufgestoßen. Weitere müssen folgen.

Was wird mit dem Gesetz genau geregelt?

  • Die epidemische Lage von nationaler Tragweite wird gesetzlich definiert. Während ihrer Dauer muss die Bundesregierung dem Bundestag nun regelmäßig berichten.
  • Die Rechtsverordnungen der Länder müssen begründet werden und gelten grundsätzlich nur für 4 Wochen.
  • Der Zweck der Corona-Maßnahmen wird konkretisiert: Sie müssen dem Schutz von Leben und Gesundheit dienen sowie die Funktionsfähigkeit des Gesundheitswesens erhalten.
  • Generelle Ausgangsbeschränkungen können nicht verhängt werden. Wenn die pandemische Lage es erfordert, kann der Ausgang ausschließlich zu bestimmten Zeiten oder Zwecken beschränkt werden.
  • Beschränkungen und Untersagungen von Kulturveranstaltungen werden nicht mehr einfach nur neben Freizeitveranstaltungen aufgezählt. Damit wird dem besonderen verfassungsrechtlichen Rang von Kunst und Kultur Rechnung getragen.
  • Besuchsbeschränkungen in Alten-/ Pflegeheimen, Geburtshilfestationen oder Krankenhäusern für enge Familienangehörige dürfen nicht zur Isolation der Menschen führen. Ein Mindestmaß an sozialen Kontakten muss gewährleistet bleiben.
  • Die Untersagung von Versammlungen und Zusammenkünften, die unter dem Schutz der Religionsfreiheit stehen, ist nur unter ganz engen Voraussetzungen zulässig.
  • Daten, die zur Kontaktnachverfolgung erhoben wurden, dürfen nur noch für diesen Zweck genutzt und nicht mehr weitergegeben werden.
  • Wenn Bundesländer wegen lokal fortdauernden Infektionsgeschehen über die epidemische Lage von nationaler Tragweite hinaus Maßnahmen aus § 28a IfSG-E ergreifen, muss das durch das Landesparlament beschlossen werden. 
  • Für Reha-Einrichtungen wird steuerfinanziert ein finanzieller Ausgleich gezahlt, wenn sie infolge der Pandemie weniger Behandlungen vornehmen können.
  • Weiterhin ist im Gesetz geregelt, dass Krankenhäuser und Reha-Einrichtungen wie schon im Frühjahr einen finanziellen Ausgleich bekommen, wenn sie infolge der Pandemie und zur Freihaltung von Intensivbetten auf Behandlungen verzichten. Besonders gefährdete Menschen erhalten zudem einen Anspruch auf kostengünstige Versorgung mit Masken eines höheren Schutzgrades (FFP2).

Soll mit dem Gesetz eine allgemeine Impfpflicht festgelegt werden?

Im Gesetz ist keine Impfpflicht vorgesehen und so eine Pflicht wird es auch in Zukunft nicht geben. Es geht darum, möglichst gute Bedingungen zu schaffen und einen Plan zu erarbeiten, für die Zeit, wenn ein Impfstoff verfügbar ist. Mit dem Gesetz sollen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass sich diejenigen Bürger*innen impfen lassen können, die das möchten. Dabei wird u.a. geregelt, dass Schutzimpfungen und Testungen künftig nicht nur Versicherten, sondern auch Nichtversicherten offenstehen sollen. Dazu notwendige Regelungen zur Vergütung und Abrechnung soll das Bundesgesundheitsministerium vornehmen dürfen.